Es ist spät geworden, stadtausgangs wird es dunkel.
Da und da führt hinter der Jakobskirche ein Friedhof weiter. Die Grabsteine stehen fest auf dem Erdboden für die, welche nicht mehr da.
Oft tragen die Steine deutsche Namen, oder? Krauze oder Krause? Feine Grenze. Namen wie Oppenkowski? Wie deutsch ist das? Doch da liegt ein Kuhn! Seit 1927. So lang schon hier, schon fort.
Über die Straße, heißts, da lägen Opfer von T4. Von den Deutschen in der Klinik ermordete Geistesgestörte. Kein Stein, kein Name. Nichts da, nicht da.
Hier, nicht hier: denn das große psychiatrische Krankenhaus lag seinerzeit woanders, im Nachbarort Kortau, heute im Stadtteil Kortowo, wo nun, denk an! die Universität ist.
Weiter weg: die meisten waren ja eigens nach Soldau/Dzialdowo und nach Sachsen verfrachtet worden. um da ermordet zu werden.
Gleich da hinten? ein paar hundert Meter weiter, am Denkmal für die Opfer der Nazis? wo ein Teil liegt und also nicht mehr da ist, grade die aber wahrscheinlich gar nicht von Deutschen ermordet, sondern später in Massengräbern in Kortau/Kortowo gefunden, also 1945 von Russen erschossen und verscharrt? Weiß niemand. Will niemand dran denken. Ein zweites, neueres Mahnmälchen in Kortowo berichtet von Opfern der Russen.
Haben da, heißts, in der und um die Klinik in Kortowo, wo heut die Universität ist, bei Kriegsende im Feldlazarett Krankenschwestern, verwundete Soldaten, verbliebene geistig oder seelisch Kranke, Ärzte und Ärztinnen, alle getötet, die da lagen oder standen oder noch liefen. Ein paar tausend? Außer den Psychiatern oben im Haus, die sich vielleicht selbst haben aufhängen können?
Wer ist wo nicht da?
Laternenlicht dringt durchs Laub. Jakubowo, Jakobsberg, der Park öffnet sich und hinterm Springbrunnen der Blick aufs Denkmal der ermländischen und masurischen Helden, der Kämpfer gegen die Deutschen! Auch der wilden Partisanen der letzten Stunde, die hier in den Wäldern die vorrückenden Russen bekämpften?
Ein Ehrenmal an dem Ort, an dem einmal das Treudank-Denkmal stand, für die vielen, die bei der Volksabstimmung 1920 Deutschland gewählt hatten, wie auch die meisten Juden in der Stadt.
Tote hier, nicht da, Träume und Wünsche zerbrochen, vertrocknet, weg und noch da.
Kinder spielen im Dunkeln. Ein Hund ärgert sich.
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