mercoledì 6 settembre 2023

Lieber Wojciech Kętrzyński,

Du hast also, wenn ich richtig verstanden habe, nach dem Besuch der deutschen Grundschule und des preußischen Gymnasiums oder umgekehrt noch als Adalbert von Winkler herausgefunden, dass Dein Großvater keineswegs ein Deutscher wie Du und Dein Vater gewesen sei, sondern ein polnischer Landadliger, rare species indeed! und daraus geschlossen, Du seist also nicht das wie bisher, auch nicht halb und halb oder sonstwie gemischt, sondern eigentlich Pole. Daher habest Du den Namen Wojciech Kętrzyński als eigentlichen angenommen, den deutschen abgelegt und für die polnische Freiheit gekämpft, was ja löblich ist. Als Dank für so viel Eigentlichkeit hat die Nation eine Stadt nach Dir Kętrzyń benannt und überall in Ermland und Masuren Plaketten mit Deinem bärtigen Bildnis aufgehängt. 

Jetzt stell Dir aber vor, Dein Urenkel, sagen wir, Maciej Kętrzyński fände heraus, dass sein Ur-Ur-Großvater kein Pole, sondern ein Deutscher des Namens Josef von Winkler gewesen war, er selbst also eigentlich auch kein Pole, nicht wirklich eigentlich, sondern Deutscher wäre. Er könnte etwa den Namen Kevin von Winkler annehmen umd irgendwo, wo noch genug Deutsche leben, würde eine Stadt in Zukunft Winkelsburg oder Kevinberg genannt. Kämpfen wird er lieber nicht. 

So könnte das, in voller Eigentlichkeit, alle zwei oder drei Generationen von von Winkel zu Kętrzyński hin und wieder her weitergehen und gäbe eigentlich ein recht hübsches Wechsel- nund Verwechselspiel, lieber Wojciech! 

venerdì 28 luglio 2023

Polnische Spielplätze,

Ihr Lieben, seid ja bunt und groß. Es kreischelt und rutscht und dreht und buddelt sich auf Euch, dass man nur glucksende springende lachende kichernde Kinder sieht. 

Das gesamte polnische Lebensglück konzentriert sich in Euch Spielplätzen, denn wenn wer einmal runter ist, runter muss, ist Schluss mit Lachen und Buddeln im Polenleben: "Das Leben ist brutal!" grimmelt es Straßen und Flure entlang. Und dann kann einer oder eine sich nur an Euch noch freuen, bunte Plätze voller Kinder. 

Wie anders in Italien. Unter drei Bäumen Bänke für die Eltern. Rutschbahn und Federspielmotorrad in der prallen Sonne, das ist der Spielplatz. Da schmoren pralle Kinderschenkel und die Kleinen bekommen, wie sie sich schmerzende Teile reiben und gähnen, schon einmal einen Vorgeschmack aufs Erwachsenendasein. 

Träume der verlorenen, der immer neuen Kindheit, das seid Ihr. Anderwärts träumts nicht. 


venerdì 14 luglio 2023

Liebe neue Erfahrung,

gleich um die Ecke steht der Stand des Obst- und Gemüsehändlers, von dem wir uns heute erst Himbeern, dann Brombeeren und Kirschen haben geben lassen, um schließlich noch nach Bananen zu verlangen, als eine polnische Dame sich hinter uns anstellte. Der Händler unterbrach unsere Verhandlungen umgehend, wandte sich der Dame hinter uns zu und sprang sofort zu ihr. 

Sie bezeichnete verschiedenes Obst und er nahm es auf, sprach und lachte mit ihr, während wir, unseren unvollständigen Einkauf in der Hand, zusahen, legte dann die Tüten der Dame neben die Kasse, um, wohl auf der Suche nach anderen gewünschten Dingen, noch in den Lieferwagen zu hüpfen. 

Wir dankten im Geiste für Dich, neue Erfahrung, legten unsere Beutelchen mit dem polnischen Obst ab und gingen fort. 

liebe Polen,

neulich im Café in Allenstein oder wie das heißt, solange die Reparationsfrage nicht geklärt ist, saß ein Paar am Nebentisch, gut gelaunt und kugelrund, und sprach Deutsch. 

Er komme aus Bayern, erzählte er, und habe sich hier von dem Verkaufserlös für seine Münchner Wohnung ein Haus mit 1000 Quadratmetern Garten gekauft. 

Über meine Auskünfte über mich selbst wunderte er sich lachend: "Die lernen Deutsch, die Polen?" und fragte nach: "Sind die dazu nicht zu doof?" Lachte. "Hab mir jetzt einen kleinen Traktor gekauft zum Rasenmähen!"

Von mir befragt, warum sie her- also aus Deutschland weggezogen seien, erwiderte er schnaubend, seine Frau schaute stumm: "Ich konnte die ganzen Neger nicht mehr sehen!" 

So wandern, weil ihr keine Einwanderer wollt, solche ein. 

lunedì 15 maggio 2023

Das Trotzmuseum in Olsytzn

Ein Museum der Moderne oder besser der modernen Technologie oder wie man es genau nennen sollte, enthält, wenn es mal in Olsztyn steht, naturgemäß Mengen an Wasserrohren, Straßenschildern, Fahrstuhltüren und Glühbirnen deutscher Produktion und Aufschrift, wie auch die alten Karten deutsche Namen zeigen, etwa den der "Provinzirrenanstalt Kortau". 

Da aber Olsztyn in Polen liegt, legt die hiesige Museumsdirektion Wert darauf, alle Erklärungen zu allem, also zum Deutschen hier auf Polnisch zu geben und sonst nix. Da soll ja keiner glauben, da hätte irgendwas mit ihm oder ihr zu tun, wenn er oder sie kein Polnisch spricht. Zum Beispiel die Irrenanstalt Kortau.

"Sieht das deutsch aus hier?" fragts Museum und stampft einmal kräftig mit dem Fuß auf. "Ist aber Polnisch, alles! Vergangenheit und Zukunft mit übernommen! Klar?" 

Klar. 

Das Trotzmusuem zu Olsztyn


lunedì 28 novembre 2022

Die Nase, im Winter

Da gibt es leicht einmal Dinge, die nicht so schön, fein oder angenehm sind, wenn einer sich auswärts bewegt. 

Im fernen Zeeland hatte ich eine Studentin, welche, als ich ihr aus gegebenem Anlass ein Papiertaschentuch anbot, mit den Worten ablehnte: "Nein danke, das läuft so!" Was auch das Motto meiner fünfundzwanzig verschnupften Studenten bei der Klausur war, bei der ich Aufsicht zu führen hatte und zu lesen mir vorgenommen hatte, was mir dann aber bei dem sogleich einsetzenden gewaltigen Konzert von Hochziehen und Schniefen schwerfiel. Das war, so erzählte ich später in Deutschland, ziemlich eklig.

Nun bin ich in Polen und finde mich auf der anderen Seite. Hier empfindet man nämlich, wie ich aus entsetzten Blicken in einem Kaffeehaus erschließen musste und später in Gesprächen bestätigt fand, mein Hantieren mit einem Taschentuch und mein leichtes Schnauben zum Zwecke der Nasentrocknung, was bei dem Wetter ja öfter mal nötig ist, als  ekelhaft, also als etwas, was einer tunlichst in der Einsamkeit einer Toilette erledigte. "Das ist so etwas wie Rülpsen oder Furzen", erklärt mir Wildem eine.

Wir denken uns seit Gogol die Nase ja als durchaus selbstständiges und selbsttätiges Wesen, dass seinen Bedürfnissen entsprechend zu behandeln sei. Gute Erziehung in Polen heißt aber, seine Nase im Griff zu haben. 
  
 
 


giovedì 31 marzo 2022

An die Grabsteine,

denn ihr habt ja mitunter ein recht kurzes Leben. 

Einer kommt und stört sich an was, an einem Namen oder der Sprache des Namens oder? weiß niemand, und schlägt Euch um und trägt Euch weg, baut Euch ganz in Häuser ein oder zerklopft Euch zu Schotterstein. 

Das wäre recht trauriger, wenn Ihr nicht immer auch eine Basis hättet, eine Bodenplatte oder einen Sockel, etwas wie eine Wurzel, die nur mit größerer Wühlerei zu beseitigen wäre, weshalb sie meistens in der Erde stecken bleibt, ein Steinstumpf ohne Gesicht, aber da. 

Unsereins bleibt stehn und weiß von Toten, von denen nichts geblieben ist. Nur eben der Steinsockel da. 

lunedì 8 novembre 2021

aus Modlin

Wir fahren ja selten noch irgendwo hin oder rein, sondern landen und staksen dann da hinaus, wo uns einer grad so hingeflogen hat.
 
Schauen wir uns um? Immer dicke Straßen, wiedererkannte Hotels, Schwedenmöbel, Medienmarkt wie überall, und wir müssen uns wiederum fort- oder eben hinbringen lassen, wenn wir etwas sehen wollen, was wir als das und das und nur das ja hatten suchen wollen.  

Doch dieses eine Mal bist du plötzlich, kaum raus aus der Flughafenbaracke, ganz hinaus aus allem. Bäumchen und Gestrüpp so weit du sehen kannst. Das Land schläft. 

Vom Bus aus siehst du aus Kleingärten Holzhäuser herausstehen. Festungsmauern dösen rot, offene Stollen gähnen dunkel, Fensterlöcher starren blind. 

Ja, hier war einmal, mitten im Lande, weit weg von allem, eine Grenze oder keine. Soldaten marschierten, Munition wurde gelagert, Ausschau gehalten, geschossen, gesäbelt und vor allem gewartet. Franzosen saßen da, Russen eroberten, Polen standen auf, Russen eroberten, Polen kamen wieder. Deutsche mordeten Juden. Polen wieder, weiter. 

Schließlich geduckte Häuschen, eine Reihe, da und alt am Kopfsteinpflaster entlang. 

Der Bus fährt vorbei, hält vor einem polnischen Landhaus? Schwer die Holztür? Drinnen rechts die winzige Öffnung des Fahrkartenschalters. Zwölf oder vierzehn Quadratmeter Bahnhofshalle oder Puppenstube. Neben dem Bahnhofscafé mit Gästezimmern der Kachelofen. 

Die Zementbrücke hinter dem Bahnhof führt auf den Weg in die Welt, die hier durchfährt. 



venerdì 5 novembre 2021

aus Warszawa Zachodnia

Wir hoffen ja, wenn wir so fahren, irgendwann zu entkommen und dem Osten zu begegnen. Vielleicht nicht grad so einem erden, lebens- und todesbejahenden russischen Muschik,  aber doch etwas oder jemandem, was oder der anders wäre als wirs kennen. 

Warszawa Zachodnia, der Warschauer Westbahnhof, läge da schon recht weit in der richtigen Richtung, deutet aber eben, das sagt ja der Name, Richtung Westen. Der Haupteingang öffnet sich glasdächern oder pariserisch zur Jerusalemsallee hin. Nur die Halle ist gut beheizt! Aber auf großen elektronischen Tafeln bewundern wir die ständig erneuerte Liste der ein- und ausführenden Züge. Ganz wie zu Hause. Automatische Tür gibt Durchgang frei, ach.

Doch im düstren Korridor hinter der Tür, der gelbgraue Menschen zu den Gleisen führt, lesen wir auf anderen Tafeln von anderen Uhrzeiten als zuvor. Der Kachelboden ist ein wenig in Auflösung. Hier ist etwas im Gange. Am Ende steht die Zahl sieben. Letztes Gleis?  Geheimnis! Briten führten hier 7 3/4 ein. In Warschau West genügt es, dass eine, dass sie gesagt hätte: "Wir treffen uns auf Gleis acht!" Verzweiflung. 

Was du nicht wissen kannst, du Suchender: Du musst hinaus, im Dunkeln vielleicht und durch Nebel, über einen Parkplatz, zwischen riesigen Bussen durch, über Schienen! Was glaubst du denn? Da ist es! Gleis acht! Seitwärts beleuchtet. Vielleicht ... 

Der große Korridor ist also am Ende nicht zu Ende, wie er am Anfang auch nicht beginnt. Denn rechts biegt er dort ab, zu den Überlandbussen. In graubraun erblindeten Fenstern hängen Rucksäcke, Telefonkabel, Pistolen und Tabakspfeifen. In Läden bieten dürre rote Bahnhofsfrauen Zwiebliges und Bier. Männer legen Buletten in Blechdosen. Einer sitzt am Tischchen und glotzt. Zwei verhandeln heftig und leise. Eine läuft hinaus. Was geht hier vor? Ist das noch der Westbahnhof? Keine eleganten jungen Damen, keine nagelneuen Trolleys, keine fliegenden Krawatten mehr. 

Kleine runde Frauen schleifen langsam schwere Säcke hinter sich her. Müde stapfen harte Männer an den Läden vorbei. Der Osten?

Doch orange leuchtet ein Sex Shop das Ende der Reihe herbei. "Nana" heißt er, kurz vor dem Ausgang zu den Bussen. Das Philologenherz pocht. Ein Zola-Zitat! Papa bringt seiner Nana zu Haus was Brummendes als Geschenkchen mit? Wo der Osten beginnt, rufts den Westen herbei? 

Nu ists sowieso vorbei mit solchem Hin oder Her. Der Seitenkorridor ist mit grünem Sichtschutz gesperrt. Auch der Ausgang Richtung Gleus acht ist zu. Warszawa Zachodnia wird renoviert und bald was ganz Westliches und Großes, wie der Name ja wohl sagt.

martedì 12 novembre 2019

Ach Kurzcakburger

die neue Zeit, sie kommt, und putzt vieles weg, so wie Dich! Bis vor wenigen Wochen noch in jeder polnischen  Zweigstelle, und nur da: weder in Italien noch in Deutschland gab es Dich. 

Scheibe Hähnchen, zwei Tropfen Paprikaketchup drauf, das Ganze in einem Magerbrötchen für 6 Zloty 50: die Polen, dachte da wohl wer, hätten ja kein Geld, richtig schlecht zu essen. Jetzt ist das Geld da oder den Leuten auch egal und es es gibt Dich nicht mehr, nur noch dasselbe MacChicken wie überall auf der Welt, paniertes Huhn mit mayonnaiseartiger Mundwinkelsauce, das einem im Magen hängt wie ein Ziegelstein. Du Opfer der Globalisierung, Du fehlst mir.

sabato 26 ottobre 2019

Heart of Darkness

Das Unerschlossene liegt einiges hinter den guten alten Namen aus der slawischen Familie, weit hinter Plechanow. 

Das Abenteuer, ein Ort namens Mhuawa. Seltsame Worte verwirren den fröstelnden Fremden. In Ihuawa zeigt eine Einheimische, kriegsbemalt? hinaus und haucht: Mghua! Ja, die Angst, Herr Livingstone! Die kommt mit den fremden Lauten des urpolnischen Mghuahili.